Kurz gesagt: niedrigschwelliger Einstieg, klare Zuständigkeiten, messbarer Nutzen – mit Datenschutz & Fallbacks.

1) Online-Rezeption (Anliegen sammeln & triagieren)

Praxisnutzen: Telefonlast runter, Anliegen strukturiert, Verbindlichkeit rauf.
Was wird digitalisiert? Formulare (Akut/Impfung/Rezepte/Überweisungen/Atteste), Priorisierung, Auto-Bestätigungen, Übergabe an PVS/To-Do-Board.
So starten Sie niedrigschwellig:

  • 2–3 Anliegen pilotieren; Antwortzeit sichtbar machen („Werktags i. d. R. <24 h“).
  • QR/Link auf Website, Google-Profil, Türschild, Telefonansage.
  • Fallback: Bei Ausfall kurzer Hinweistext + Tel.-Rückfallnummer. Rollen (RACI): MFA-Patin (R/A), Praxismanager:in (C), ärztl. Sponsor (I). Kennzahl (Ziel Monat 4): >40 % der Anliegen über Online-Rezeption.

Patienten-Textbausteine (Beispiel):

  • Website/Ansage: „Für Rezepte, Überweisungen und Impfungen nutzen Sie bitte unsere Online-Rezeption. Rückmeldung werktags in der Regel am selben Tag.“
  • Mail-Auto-Reply: „Ihre Anfrage ist eingegangen. In dringenden Fällen wenden Sie sich bitte an 116 117 oder den Notruf 112.“

2) Digitale Anamnese & Formulare (vor dem Termin)

Praxisnutzen: Weniger Rückfragen, schnellere Sprechstunde, sauberere Doku.
Was wird digitalisiert? U-Anamnesen, Akutfälle (Fieber, Husten, Bauch), Medikamente, Allergien, Impfstatus.
So starten Sie niedrigschwellig:

  • 1 U-Untersuchung + 1 Akutgrund standardisieren; Link in Terminbestätigung/SMS.
  • Compliance-Hinweis: Zweck, Speicherfrist, Opt-In/Opt-Out transparent. Rollen: MFA-Patin (A), ärztl. Sponsor (C), Praxismanager:in (R/I). Kennzahl (Ziel Monat 4): >60 % Anamnesen vor Ankunft.

„Wenn-dann“ (Alltag):

  • Wenn Anamnese unvollständig → dann Kurz-Checkliste am Empfang (Papierfallback).
  • Wenn Doppel­doku droht → dann Übernahme ins PVS per definiertem Klickpfad.

3) Smartes Telefon: KI-Anrufbeantworter & Rückruflisten

Praxisnutzen: Erreichbarkeit auch zu Stoßzeiten, Fokus für das Team, weniger Unterbrechungen.
Was wird digitalisiert? Spracherkennung, Kategorisierung (Impfung/Rezepte/Termin/medizinisch), Auto-Rückruflisten, Verweis auf Online-Rezeption.
So starten Sie niedrigschwellig:

  • Zunächst nur außerhalb der Sprechzeiten + bei „besetzt“.
  • Standardtexte + Kurzmenü, danach Übergabe an Online-Rezeption. Rollen: Praxismanager:in (A/R), MFA-Patin (R), ärztl. Sponsor (C). Kennzahl (Ziel Monat 4): >50 % Anliegen ohne Live-Durchstellung gelöst.

Ansage (Beispiel):
„Willkommen in der Gemeinschaftspraxis. Für Rezepte/Überweisungen sprechen Sie bitte nach dem Signalton. Für medizinische Anliegen nennen Sie kurz das Thema; wir rufen zurück.“

4) Wiederholanfragen digital: Rezepte, Überweisungen, Bescheinigungen

Praxisnutzen: Schalterverkehr runter, klare Statusinfo, weniger Nachfragen.
Was wird digitalisiert? Ein zentrales Bestellformular + Workflow (Eingang → Freigabe → Ausgabe), Info „abholbereit/versendet“.
So starten Sie niedrigschwellig:

  • Ein Formular für alle Routinefälle, feste Abholfenster (z. B. 11–12 Uhr, 16–17 Uhr).
  • Fallback: Papierformular am Tresen, falls Online nicht möglich. Rollen: MFA-Patin (A/R), Praxismanager:in (C), ärztl. Sponsor (I). Kennzahl (Ziel Monat 4): <2 Min. Bearbeitungszeit pro Vorgang, No-Show sinkt.

Tresen-Hinweis (Beispiel):

„Bitte bringen Sie die Versicherungskarte und – bei Impfungen – den Impfausweis mit. Bestellungen über unsere Online-Rezeption beschleunigen die Abholung.“

5) Erinnerungen & Recall: Vorsorgen und Impfungen

Praxisnutzen: Lücken schließen, planbare Auslastung, Qualität sichtbar.
Was wird digitalisiert? Automatisierte Erinnerungen (E-Mail/SMS) für U-Untersuchungen, Impfbooster, Kontrollen – nur mit Opt-In.
So starten Sie niedrigschwellig:

  • Start mit einer U-Stufe (z. B. U7a/U8) + einem Impfbooster.
  • Opt-In beim Check-In standardmäßig abfragen (Checkbox/Unterschrift). Rollen: Praxismanager:in (A), MFA-Patin (R), ärztl. Sponsor (C). Kennzahl (Ziel Monat 4): >25 % Recall-Conversion.

Sicherheit & Compliance – Kurz-Check (tool-agnostisch)

  • AV-Verträge (Auftragsverarbeitung) mit allen Anbietern abschließen.
  • TOMs dokumentieren (Passwörter, Rollen/Rechte, Verschlüsselung).
  • Rechte- & Freigabematrix je Prozess (wer sieht/freigibt was?).
  • Transparenz: Datenschutzhinweise (Zweck, Rechtsgrundlage, Fristen, Opt-In/Out).
  • Fallbacks: Telefonische Annahme & Papierformulare bei Ausfall definiert.
  • PVS-Integration: Keine Doppeldoku – klarer Klickpfad zur Übernahme.

Change & Schulung: So nehmen Sie Ihr Team mit

Change-Bausteine:

  • Kick-off (30 Min.): Nutzenversprechen („Was wird leichter? Für wen? Wann messbar?“).
  • Patenschaften je Prozess (1 MFA + 1 ärztl. Sponsor).
  • Transparenz via Task-Board (To-Do → Test → Live), wöchentliche 20-Min-Retro.
  • Mini-Audit am Ende jedes Monats (60 Min.): Kennzahlen, Stolpersteine, Maßnahmen.

Schulung (leichtgewichtig):

  • Micro-Learnings à 15 Min. direkt am Arbeitsplatz (3 häufige Fälle + Klickpfad).
  • Mini-SOPs (1-Seiter): Zweck, Schritte, Screenshots, „Wenn-dann“.
  • Shadowing/Tandem: 1–2 Schichten mit Patin, dann eigenständig.
  • Onboarding-Kit für neue Mitarbeitende: Zugänge, SOP-Bündel, 30-Tage-Plan.

Entscheidungshilfe: Womit beginnen?

  1. Telefon brennt täglich?Online-Rezeption + Smartes Telefon zuerst.
  2. Viele Rückfragen in der Sprechstunde?Digitale Anamnese priorisieren.
  3. Viel Schalterverkehr für Routine?Wiederholanfragen digitalisieren.

4-Monats-Fahrplan (realistisch & teamfreundlich)

Monat 1 – Fundament & Pilot

Technik: Online-Rezeption (2–3 Anliegen) live; Recall-Opt-In vorbereiten; KI-AB nur außerhalb der Sprechzeiten.

Change: Kick-off, RACI-Rollen, Task-Board.

Schulung: 2×15 Min Online-Rezeption (Annahme & Rückmeldung).

KPI-Baseline: Anrufe/Tag, Kanäle, Durchlaufzeiten, No-Shows.

Monat 2 – Digitale Anamnese & Telefon smart

Technik: Anamnese für 1 U + 1 Akutfall; KI-AB zusätzlich als „besetzt“-Fallback; klare Klickpfade ins PVS.

Change: Wöchentliche Retro (20 Min.), schnelle KVP-Anpassungen.

Schulung: „Anamnese prüfen & übernehmen“ (MFA/Ärzt:innen), 1×15 Min.

Zwischenziele: Formularquote >40 %, >35 % Telefonanliegen ohne Durchstellung.

Monat 3 – Wiederholanfragen & erster Recall

Technik: Zentrales Formular für Rezepte/Überweisungen/Bescheinigungen; Recall für 1 U-Stufe + 1 Impfbooster.

Change: Patinnen rotieren (Cross-Training).

Schulung: 2×15 Min „Freigabe-Workflow & Abholfenster“, „Recall-Vorlagen“.

Zwischenziele: Vorgangszeit <3 Min., Recall-Conversion >20 %, No-Show sinkt.

Monat 4 – Stabilisieren & Skalieren

Technik: Prozesse verfeinern, zweite U-Stufe ins Recall, ggf. 1 weiterer Anliegen-Typ.

Change: Monats-Mini-Audit (60 Min.): KPIs, Engpässe, 90-Tage-Backlog.

Schulung: Onboarding-Kit finalisieren (SOP-Bündel, Zugangscheckliste, 30-Tage-Plan).

Ziele:

  • 40 % Anliegen über Online-Rezeption
  • 60 % Anamnesen vor Ankunft
  • 50 % Telefon-Anliegen ohne Durchstellung gelöst
  • <2 Min. pro Wiederholanfrage
  • 25 % Recall-Conversion

Typische Stolperfallen – und Gegenmaßnahmen

  • Zu viel auf einmal → Max. 1–2 Neuerungen/Monat, klare Stop-Regeln.
  • Unklare SLAs → Antwortzeiten in Website/Ansage/Mail-Footer sichtbar.
  • Kein Opt-In → Standardfrage im Check-In verankern.
  • Wissensinseln → Patinnen rotieren, Mini-SOPs versionieren, Onboarding-Kit pflegen.
  • KPI ohne Konsequenz → Jede Woche 1 konkrete Maßnahme aus den Zahlen ableiten.