Ich war in dieser Woche wieder in unserer Praxis in Günzburg.
Neben der (wie immer spannenden) Quartalsabrechnung ging es um ein Thema, das oft unterschätzt wird: Dokumentation.
Wir testen aktuell eudaria.de – ein KI-Tool, das Arzt-Patienten-Gespräche automatisch mitschneidet, transkribiert und strukturiert. Also eine KI Dokumentation für die Arztpraxis
Warum dokumentieren wir überhaupt?
🔹 Damit wir wissen, was zuletzt war – für Folgekontakte
🔹 Zur rechtlichen Absicherung: Was nicht dokumentiert ist, gilt als nicht passiert
🔹 Um mit der KV korrekt abrechnen zu können
🔹 Für die Teamarbeit und Qualitätssicherung
📌 Wichtig: Die Nutzung des Tools erfolgt nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Patient:innen – transparent und datenschutzkonform.
Die Idee ist einfach: KI-Dokumentation nimmt das Tippen ab, damit im Arzt-Patienten-Kontakt der Blickkontakt bleibt. Konkret heißt das: Wir zeichnen das Arztgespräch auf (Audio), lassen es automatisch transkribieren und von einem medizinischen Scribing-Modell zu einer strukturierten Notiz verdichten. Am Ende steht eine ärztlich freigegebene Dokumentation direkt in der Patientenakte – ohne Copy-Paste, ohne Doppelwege. Kurz: KI-Dokumentation macht die Arbeit rechtssicher, praxistauglich und spürbar entlastend.
eudaria erkennt automatisch die relevanten Elemente:
Vorstellungsgrund, Anamnese, Befund, Diagnose, Therapie – und erstellt daraus einen fertigen Text für unser PVS.
Stil und Länge der Texte lassen sich konfigurieren und die KI-Dokumentation ist auf die Besonderheiten einer Kinderarztpraxis angepasst.
🎯 Für uns ist solch ein Werkzeug ein echter Game-Changer:
Der Arzt / die Ärztin kann sich ganz auf das Gespräch konzentrieren – dokumentiert wird im Hintergrund. Daraus ergeben sich natürliche Interaktionen zwischen Behandler:in und Patient:in. Kein nerviges Tippen im Hintergrund, keine parallelen Gedanken an die ICD-Codes.
Warum „Arztgespräch aufzeichnen“ in der Kinderarztpraxis Sinn ergibt
- Fokus statt Tippen: Ärztinnen und Ärzte können sich auf Kind und Eltern konzentrieren.
- Vollständigkeit und Qualität: Das Scribing vergisst keine Kernpunkte (Anamnese, Befunde, Assessment, Plan).
- Zeitgewinn: Weniger Nachschreiben nach der Sprechstunde, bessere Übergaben im Team.
- Elternverständnis: Klare, strukturierte Zusammenfassungen („Was machen wir? Bis wann?“).
Standardweg – von der Aufzeichnung bis zur Akte
Start → Aufzeichnung → Entwurf → Freigabe → Akte → Löschung
- Start: Ärztin/Arzt startet die KI-Dokumentation sichtbar mit kurzem Hinweis.
- Aufzeichnung: Das Arztgespräch aufzeichnen (Audio) – ausschließlich für die medizinische Dokumentation.
- Entwurf: Transkript wird zu einem strukturierten Entwurf, inklusive markierter Hinweise/Red-Flags.
- Prüfung und Freigabe: Ärztliche Kontrolle, Anpassungen, Freigabe.
- Akte (PVS-First): Die finale Notiz landet direkt in der Patientenakte; keine Schattenablagen.
- Löschung: Roh-Audio und Zwischenergebnisse werden gemäß Policy zeitnah gelöscht.
Einwilligung und Dokumentation (Pädiatrie)
• Wer stimmt zu? In der Regel die Sorgeberechtigten; einsichtsfähige Jugendliche werden altersgerecht aufgeklärt und einbezogen.
• Wie dokumentieren? Ein kurzer Eintrag/Kürzel in der Akte (z. B. KIA-EINW mit Datum/Uhrzeit/Name), plus Verweis auf die Praxis-SOP.
• Opt-out ohne Nachteile: Ablehnung wird respektiert; dann erfolgt die klassische Dokumentation.
• Speicherdauer und Löschfenster: Audio nur bis zur ärztlichen Freigabe, maximal X Stunden/Tage; danach Löschung protokolliert.
• Ausschlussfälle: Keine Aufzeichnung bei hochkonfliktiven Situationen oder sensiblen psychosozialen Themen – ärztliche Einzelfallentscheidung.
Kommunikation mit Eltern – kurz, ehrlich, verständlich
• Zweck: „Wir nutzen die KI-Dokumentation, damit ich im Gespräch nicht tippen muss und Sie eine vollständige Doku erhalten.“
• Datenschutz: „Aufzeichnung nur für die medizinische Dokumentation, sichere Verarbeitung, Löschung nach Freigabe.“
• Wahlfreiheit: „Sie können jederzeit nein sagen – dann dokumentiere ich klassisch.“
Einführung ohne Stress – Change im Team
• Champion-Modell: 1–2 Ärztinnen/Ärzte testen; eine MFA begleitet Organisation und Raum-Setup.
• Schulungs-Sprints (30–45 Min): Start/Stopp, Freigabe, Aktenübergabe, Löschfristen; kurze Wiederholung nach Woche 1.
• Textbausteine und SOP: Einwilligungssatz, Ablehnungssatz, Elternhinweis; SOP „KI-Dokumentation: Arztgespräch aufzeichnen“ (Wer, Wann, Wie, Löschung).
• Rhythmus: Täglicher 10-Min-Check („offene Freigaben“), wöchentliche Retro (Was lief gut? Was streichen wir?).
• Grenzen klären: Ärztliche Entscheidung, wann nicht aufgezeichnet wird.
Governance und Sicherheit
• Auftragsverarbeitung (AVV) und TOMs: Kategorien personenbezogener Daten, Speicherort, Verschlüsselung, Protokollierung, Löschfristen.
• DSFA/DPIA (falls erforderlich): Prüfen, dokumentieren, verabschieden.
• Rollen und Vertretung: Wer ersetzt Champions bei Abwesenheit?
• Export und Löschung praktisch testen: Eine Probeausleitung und eine nachvollziehbare Löschkette gehören vor den Go-Live.
• Protokollierung: Wer hat was wann freigegeben? Auditfähig halten.
2-Wochen-Pilot (empfohlen)
Woche 1: Zwei Gesprächsarten wählen (z. B. Akut + längere Beratung), 10–15 Fälle aufzeichnen, Freigabezeit und Korrekturen messen.
Woche 2: Prompt-Rahmen nachschärfen (Struktur, Kürze), Elternhinweis finalisieren, Löschplan testen, PVS-Felder konsolidieren.
Abschluss: Kurzreview mit Team – was bleibt, was ändern wir, was streichen wir.
Erfolg messen – wenige, gute Kennzahlen
• Zeit bis Freigabe (Median)
• Anteil Notizen ohne Nacharbeit
• „Direkt in der Akte“ (ohne Zwischenstationen)
• Audio-Löschquote innerhalb X Stunden
• Opt-out-Quote der Eltern (nachvollziehen, nicht minimieren)
• Team-Zufriedenheit (Kurzskala 1–5)
Fazit
KI-Dokumentation ist kein Selbstzweck. Sie wirkt, wenn der Prozess steht, Eltern informiert sind und die Dokumentation direkt in der Akte landet. Wer das Arztgespräch aufzeichnet, gewinnt Ruhe, Qualität und Zeit – bei klarer Einwilligung, sauberer Technik und ärztlicher Freigabe. Genau so wird „KI-Dokumentation: Arztgespräch aufzeichnen – rechtssicher, praxistauglich, entlastend“ in der Kinderarztpraxis gelebter Alltag statt Buzzword.

